Wie sich ja herumgesprochen hat, war das Haus Küneth-Radeloff persönlich bei den Olympischen Spielen 2012 in London vertreten. Die Weblinks rechts (paradox, ich weiß) erzählen einiges dazu. Manches klingt pathetisch, und ja: Die Gratwanderung zwischen Information, Freude und Eigenlob ist schwierig. Sorry, falls es nicht immer klappen sollte. Jedenfalls: Es kamen nun verständlicher Weise Fragen, wie sich das in allen Einzelheiten zugetragen hat. Um dem gerecht zu werden, und natürlich die aufregende Zeit mit Freunden zu teilen, gab es in 2012 diesen Blog - und es gibt eine Bildergalerie.

Es gibt aber noch einen Grund. Olympische Spiele werden oft kontrovers diskutiert: Das Flair des universellen sportlichen Großereignisses steht gegen die Kritik an den Kosten und an den ökologischen Nachteilen. Das Problem: Der Blick hinter die Kulissen, das objektive Bild, ist den meisten kaum möglich. Wir -die Leser dieser Zeilen und ich- haben nun ein Stück weit diese Chance. Das möchte ich gerne ermöglichen.


Warm-Up

Freitag, 13. Januar 2012: Wenn schon Olympia-Jahr, dann richtig ! Der Europäische Tischtennisverband ETTU genehmigt mir noch ein "Aufwärmprogramm" für London. Nachdem Einsätze beim Europe Top 10 im rumänischen Buzau und beim Top 12 in Lyon nicht zustande kamen, darf ich die Schlägerkontrolle beim europäischen Olympia-Qualifikationsturnier in Luxemburg leiten. Je 64 Damen und Herren kämpfen um die letzten Startplätze Europas für die Spiele und sehen mich dann in London gleich wieder. Naja, man kennt sich ohnehin. Hinzu kommt, dass Luxemburg mir seit Jahren als letztes europäisches Land noch in meiner Kleinstaaten-Sammlung fehlt. Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss eben der Tischtennissport ran ... 

Economy - gut so.

Freitag, 2. Dezember 2011: ALLES ist dann noch nicht anders bei Olympia. Manche Dinge ändern sich nie: "Please could you assist us urgently to do your own flight bookings, in economy class (sorry about that)."

So günstig wie möglich lautet die Devise aus Lausanne, alles was länger oder teurer ist als geplant, geht auf eigene Rechnung. Gut so. Irgendwie auch wieder beruhigend, dass es NICHT so ist, dass Geld keine Rolle spielt. Nur dass wir nicht im Olympischen Dorf wohnen werden, ist ein bisschen schade. Aber Unbescheidenheit wäre wirklich das Letzte als Reaktion auf diese aufregende Reise.

Maß nehmen

Mittwoch, 23. November 2011: Am Anfang muss alles ganz schnell gehen. Isabel und ich sind eine Stunde lang mit dem Maßband zugange und tippen Daten in eine Website: "Bei Olympia ist alles anders" hatte die SR-Kollegin noch gesagt, und schon was die Kleidung betrifft, hatte sie Recht: Nicht etwa der blaue Blazer und die rote Krawatte des Internationalen Schiedsrichters kommen zum Einsatz. Alle Schieds- und Kampfrichter aller Olympischen Sportarten werden einheitlich ausgestattet, um als "Technical Officials", so die olympische Bezeichnung, auch gemeinsam erkannt zu werden. Die große und Pfund-trächtige Ehre des Zuschlags dafür (ich meine nicht mein Gewicht, sondern die Währung) hat eine britische Bekleidungsfirma erhalten. Ihre eigens dafür gebaute Online-Datenbank verlangt Kopf-, Brust- und Armumfang genauso wie Körpergröße und Armlänge. Das Zeug wird praktisch maßgeschneidert. Im Juni 2012 sollen wir es bekommen.

Ein Schrieb, der Deinen Namen trägt ...

Montag, 21. November 2011: Die E-Mail einer Schiedsrichterkollegin erreicht mich. "Hast Du schon von den Gerüchten gehört, dass wir nach London fahren dürfen ?" Habe ich nicht. Ich hatte im Vorfeld bei den passenden Leuten ein, zwei zaghafte Voranfragen gestellt und weder ein "Ja" noch ein "Nein" gehört. Eigentlich wollte ich kurz vor Weihnachten mal nachfragen - dass bei Olympia die Entscheidungen aus organisatorischen Gründen früher als bei einer WM fallen, hatte ich geahnt. Mit November rechnete ich nicht. Zwei Stunden später hielt ich ein PDF in Händen: "An die Nationalverbände. Die ITTF nominiert folgende Personen: Oberschiedsrichter ... Schiedsrichter am Tisch ... Racket Controller ... Bitte bestätigen Sie, dass diesen Nominierungen zugestimmt wird.

Und da stand ich dann. Auf der Liste, meine ich. Und mit nicht unerheblichem Herzklopfen. Es dauerte noch 36 Stunden, bis der Deutsche Tischtennisbund auch diese Formalität erledigt hatte. Danach gab es ein sehr, sehr schickes Abendessen.